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Graz goes Berlin

In der Conrad-von-Hötzendorfstraße 6 hat neben dem Laden für Zauberbedarf und Scherzartikel im Oktober des vergangenen Jahres das Berlinchen seine Tür geöffnet.

So manches wurde über die kulinarischen Seiten des Ladens gesagt: Etwa in der neuen Ausgabe des Falters oder in einem Artikel der Kleine Zeitung, in welcher vom „deutsche[n] Essensexil“ die Rede ist. Mich hat interessiert, was es außer Suppe, Kuchen, Kaffee & Co. im Berlinchen noch zu entdecken gibt.

Die Ladenbesitzerin Leona Flick ist Schauspielerin von Beruf. Sie kommt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern aus beruflichen Gründen nach Graz. Bald merkt sie, dass ein Familienleben neben der Schauspielerei ein schwieriges ist. Sie sendet einen Wunsch ans Universum, es möge ihr ein Zeichen schicken, wie es weitergehen soll. In der Nacht hat Leona einen Traum: Sie träumt von einem kleinen, feinen Laden mit viel Schokolade. Ein Café war in der Lebensplanung unserer Heldin zwar nie vorgesehen, aber wenn das das Zeichen des Universums ist: Gut.

Alsdann werden alte Möbel vom Flohmarkt besorgt, geschliffen, lackiert, mit bunten Servietten beklebt. Aus einem Bett wird die Verkleidung für die Theke, aus Schubladen werden Regale.

Und so sieht der Alltag unserer Berliner Kuchenkönigin aus: Morgens die Kinder in Kindergarten und Schule bringen, zum Markt gehen, in den Laden fahren und Suppe kochen. Um 10 Uhr sperrt der Laden auf, hat bis 14 Uhr geöffnet. Dann wird geputzt, Leona holt die Kinder ab. Sobald die Kinder im Bett sind und der Mann von der Arbeit nach Hause gekommen ist, fährt unsere Heldin wieder in den Laden, um für den nächsten Tag zu backen. Morgens die Kinder in Kindergarten und Schule bringen, zum Markt gehen, in den Laden fahren usw.

Ja und apropos deutsch. Mein Freund ist Deutscher und muss sich in Österreich ob seiner Herkunft so manchen blöden Spruch anhören. Er äußert Zweifel bezüglich der künftigen Prosperität und Integration eines von einer Deutschen geführten Lokals, das (als ob zu allem Überfluss) auch noch den Namen einer deutschen Stadt trägt. Ich sage, er könne unbesorgt sein, denn Berlin sei ja das neue Berlin, ich meine Hamburg, also naja, du weißt schon. Berlin ist eben in. Auch wenn derzeit alle nach Hamburg wollen.

Ich frage Leona nach ihrer Erfahrung als Deutsche in Österreich: „Ja, ich habe hier schon Einiges erlebt“, erzählt sie, aber: „Es gibt hier, verglichen mit Berlin, insgesamt mehr nette Leute. Und der Laden ist sowieso wie ein Filter für nette Leute. Hier kommen nur nette Leute her.“

Leonas Mann kommt aus Ostdeutschland, Leona ist aus Westdeutschland. „Wir haben Wiedervereinigungskinder“, sagt sie, „wir hätten uns ja sonst gar nicht kennengelernt.“ Mir fällt ein, dass ich meinen Freund zu Zeiten des Eisernen Vorhangs auch nicht kennengelernt hätte. Und komisch: Wie wenig bis gar nicht unsereins, geboren in den 80ern, an diese Dinge, die noch gar nicht so lange aus der Welt sind, denkt.

Das Berlinchen ist mehr als nur ein Café. Man kann Kärntner Kasnudeln, Kräuter- und Blütensalze, handgeschöpfte Seife, Bio-Schokolade (z.B. mit Lavendelzucker oder rotem Pfeffer), Trinkschokoladen, Kürbiskerne in Schokolade kaufen. Oder mit Serviettenklebetechnik gestaltete Küchenrollenhalter und Kleiderbügel ( – in die Serviettenklebetechnik bekomme ich auch gleich eine Einführung).

Ich trinke Cappuccino aus einer geblümten Porzellantasse Marke 50er Jahre, passend dazu raunzt im Hintergrund Lady Day (bei den meisten eher als Billie Holiday bekannt) ihre blue notes. Es gibt Mohnkuchen nach dem Rezept von Leonas Großmutter. Umgeben von Pastellfarben in Grün, Gelb, Rosa, Blau lausche ich den Erzählungen unserer Heldin, auf einem mini-mini Raum von ungefähr – 10 Quadratmetern?

Siebzehn komma vier, bitteschön“, korrigiert mich Leona.

Dafür ist hier alles frisch“, fügt sie hinzu. „Ich habe ja keinen Lagerraum, aus dem ich schnell mal was holen könnte. Oder einen Keller – obwohl – einen Keller gibt’s ja.“

Schon schnappt sich Leona den Schlüssel, verschwindet hinter der Theke und wird vor meinen Augen immer kleiner. Dann rasselt der Schlüssel, es rumpelt und die Ladenbesitzerin ruft von weit weg, sie würde nur schnell was aus der Tiefkühltruhe holen. Der Rückweg ist mit Gepolter und schweren Schritten verbunden, hinter der Theke beginnt Leona zu wachsen und sitzt auch gleich wieder neben mir, um Berliner Chansons aus den 50er/60er Jahren zu singen und sodann auch eine Stepptanzeinlage zu geben.

Die alten Koffer, die ich für eine geniale Deko halte, sind so auch Stauraum.

Auf der Heizung liegt ein Zylinder, das darunter angebrachte Schild sagt: „Lass dir Zeit.“

Ein Ort zum Träumen.

Was gibt es noch zu sagen? Das Leben. Ist so – wunderbar, zauberhaft, überraschend, auch schwierig, aber faszinierend und wenn ich Menschen wie Leona treffe, denke ich:

Siehst du, einfach in Bewegung bleiben, den Träumen dicht auf den Fersen.


www.berlinchen.at

And of course like if you like on http://www.facebook.com/pages/Berlinchen/291352937650197?ref=ts&fref=ts

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[Kolumne/katerina cerna/28.01.2013]





    Kolumne/katerina cerna


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